Krankheitsbedingte Kündigung

Rechtsanwalt Jörg Halbe, LL.M. oec.

Die krankheitsbedingte Kündigung ist der häufigste Anwendungsfall der personenbedingten Kündigung. Sie kann vom Arbeitgeber grundsätzlich wegen und insbesondere auch bereits während der Krankheit des betroffenen Arbeitnehmers ausgesprochen werden. Entscheidend für die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung ist letztlich, ob diese sozial gerechtfertigt ist und dem Arbeitgeber das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Erkrankung des Arbeitnehmers nicht länger zugemutet werden kann.

An die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung stellt die Rechtsprechung jedoch äußerst strenge Anforderungen. So unterliegt die krankheitsbedingte Kündigung einer von der Rechtsprechung hierzu entwickelten vierstufigen Prüfung.

Zur sozialen Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung muss zunächst eine negative Gesundheitsprognose hinsichtlich des Krankheitsverlaufs des jeweiligen Arbeitnehmers getroffen werden können. Diese ist gegeben, wenn zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs aufgrund objektiver Umstände die ernste Besorgnis weiterer krankheitsbedingter Fehlzeiten besteht. So können etwa häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes sprechen. Bei einer Langzeiterkrankung liegt eine negative Gesundheitsprognose vor, wenn in den nächsten 24 Monaten ab Zugang der Kündigung nicht mit einer Genesung des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers gerechnet werden kann.

Die so prognostizierten Fehlzeiten sind jedoch nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers führen. Dies können etwa neben Betriebsablaufstörungen auch die auf den Arbeitgeber bei Krankheit des Arbeitnehmers zukommenden Entgeltfortzahlungskosten sein. Liegt eine solche Beeinträchtigung betrieblicher Belange vor, ist in einem dritten Schritt zu prüfen, ob die Störungen nicht durch mildere Mittel als durch Ausspruch einer Kündigung behoben werden können. Zu denken ist hier etwa an die Einstellung von Aushilfskräften oder aber die Versetzung des Arbeitnehmers auf einen anderen, gesundheitsschonenden Arbeitsplatz.

Scheidet eine solche Möglichkeit aus, bleibt schließlich im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber nicht mehr hingenommen werden können. Dabei ist etwa zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind, ob und wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist oder ob der Arbeitgeber wegen der krankheitsbedingten Fehlzeiten extra eine Personalreserve vorhalten muss. Ferner sind bei der Interessenabwägung in jedem Fall das Alter und die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Häufig halten vorschnell ausgesprochene krankheitsbedingte Kündigungen der vorgenannten Prüfung nicht stand. Dem von einer krankheitsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer bleibt die Möglichkeit, hiergegen Kündigungsschutzklage zu erheben, wobei der beklagte Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess dann schnell den Kürzeren ziehen kann. Der Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung will daher wohl bedacht sein.


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