V wie Verdachtskündigung

Rechtsanwalt Jörg Halbe, LL.M. oec.

Bei einer Verdachtskündigung wird die Kündigung nicht auf eine vom gekündigten Arbeitnehmer begangene schuldhafte Pflichtverletzung selbst, sondern allein darauf gestützt, dass der Gekündigte im Verdacht steht, eine Vertragsverletzung – etwa eine Straftat oder einen sonstigen schwer wiegenden Vertrauensbruch – begangen zu haben. Eine Verdachtskündigung setzt voraus, dass sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

Der Verdacht muss sich aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tatsachen ergeben, die geeignet sind, einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zur Kündigung zu veranlassen. Ferner muss der Verdacht dringend sein, d.h. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit tatsächlich begangen hat.

Schließlich muss der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, die Verdachtsgründe zu entkräften und Entlastungstatsachen anzuführen. Dies hat durch Anhörung des Arbeitnehmers im Rahmen der gebotenen Aufklärung des Sachverhalts zu erfolgen. Es reicht dabei nicht, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber lediglich mit einer völlig unsubstantiierten Wertung konfrontiert wird. Die Anhörung muss sich vielmehr auf einen hinsichtlich Ort, Art und Zeit konkretisierten Sachverhalt beziehen. Der Arbeitgeber darf dem betroffenen Arbeitnehmer hierbei keine wesentlichen Erkenntnisse vorenthalten, die ihm im Anhörungszeitpunkt bereits vorlagen. Bis zur Anhörung des Arbeitnehmers ist die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB, wonach eine fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen hat, regelmäßig gehemmt.

Der gekündigte Arbeitnehmer, der sich zu Unrecht verdächtigt sieht, sollte zur Wahrung seiner Rechte Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Denn auch wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den Sachverhalt sorgfältig ermittelt hat und nach seinem damaligen Kenntnisstand aufgrund der festgestellten objektiven Umstände ein dringender Verdacht gegeben war, ist die Kündigung unwirksam, wenn sich der Arbeitnehmer nachträglich im Kündigungsschutzprozess entlasten kann.


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